Sir Henry

Abends am 31.07.14 bekamen wir eine Mail von einer tierlieben Frau aus Uelzen. Sie meldete uns einen Kater, der seit Wochen von ihr mit durchgefüttert wird und nun verletzt war.
Sie vermutete, dass er ausgesetzt worden ist. Oft hören wir die wildesten Vermutungen, von angeblich ausgesetzten Katzen, oder bösen Besitzern die ihre Katzen bei einem Umzug zurück gelassen haben. Solch traurige Schicksale gibt es natürlich, allerdings tut man einem bei einem derartigen Verdacht schnell einem anderen großes Unrecht.

Es gilt vorurteilslos zu unterscheiden um was für eine Katze es sich hier handeln könnte. Herrenlose Katzen sind Hauskatzen ohne "Besitzer". Während ein Heimtierbesitzer die Kosten für die Kastration und Nahrung seiner Katze selber trägt bzw. bei Fundkatzen in den ersten Wochen die Gemeinde finanziell aufkommt, haben die Straßenkatzen niemanden, der die Verantwortung für sie übernimmt.

Doch woran erkennt man, ob es sich um eine Straßenkatze handelt? Denn auch eine entlaufende Katze kann schon nach wenigen Wochen zerzaust und verfloht sein. Ein Halsband kann verloren gehen, bzw. viele Hauskatzen haben aus Sicherheitsgründen gar kein Halsband um. Da in vielen Städten keine Kennzeichnungspflicht oder "nur" eine für Freigängerkatzen besteht, ist auch das kein Anhaltspunkt.

Grundsätzlich sind aufgefundene Tiere, die üblicherweise vom Menschen gehalten werden - wie Hunde, Katzen, Ziervögel, landwirtschaftliche Nutztiere oder Tiere, die nicht den hier sonst wildlebenden Arten zuzurechnen sind -, als Fundtier einzustufen und zu behandeln.
Quelle: http://www.ml.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=1582&article_id=3915&_psmand=7

Am 01.08.14 lasen wir den Hilferuf, indem uns die Frau fragte, was sie tun und ob sie ihn einfangen und zum Tierarzt bringen solle. Sie ging davon aus, dass er sicher auf eine Pflegestelle müsste, damit er wieder gesund wird. Wir schrieben sogleich zurück mit dem Hinweis, dass es sich um ein Fundtier handelt und wir keine Pflegestelle frei haben. Wir erwähnten auch, wie wichtig es ist, dass der Kater bei einer Verletzung einem Tierarzt vorgestellt wird.

Abends kam dann die ernüchternde Antwort. Einfangen könne sie ihn erst wenn sie zurück ist, vorausgesetzt er würde dann noch leben. Sie hatte auf uns gehofft, da wir auch griechische Katzen retten. Das machte uns sehr betroffen, denn hier war ein Lebewesen in Not. Da wir aufgrund der ersten Mail davon ausgingen, dass sie ihn selber einfangen kann, hatten wir keine Einfanghilfe angeboten.

Sir Henry, dichter heran durften wir nichtRasch packten wir nun Falle, Umsetzbox und Thunfisch ein und fuhren los. Von unterwegs rief ich die Hilfesuchende an und fragte nach der Adresse.

Als wir ankamen mussten wir nicht lange suchen und fanden den Kater. Doch sobald wir uns näherten lief er schnell weg. Zumindest stellten wir erleichtert fest, dass er noch laufen konnte. Wir platzierten die Falle an der Futterstelle, teilten der Frau mit, dass wir den Kater nicht aufnehmen können und nach einem Tierarzt suchen würden, der ihn übers Wochenende bei sich behalten, untersuchen und behandeln kann.

Wir hatten kein Glück bei dieser Suche, dafür aber beim Einfangen. Um kurz vor 21 Uhr saß der süße Kater, den wir Sir Henry tauften, in der Sir Henry sitzt in der LebendfalleFalle und fauchte uns erschrocken an.

Wir fanden eine Tierärztin, die eine Erstuntersuchung um diese späte Zeit machte und uns Evex (ein Antibiotikum) für ihn mitgab, da sie eine Bissverletzung vermutete. Leider fanden wir niemanden, der Henry spontan für ein paar Tage zu sich nehmen konnte. Daher kam er in unser Außengehege.

Am 03.08.14 schrieb ich der tierlieben Frau eine Mail, in der ich von Sir Henrys allgemeinen Zustand berichtete und dass er nach der Behandlung zurück zur Futterstelle kommen kann. Daraufhin bekamen wir eine Mail, in der sie aufgebracht ihr völliges Unverständnis darüber kund tat. Sie warf uns vor, dass wir ihn aussetzen würden, meinte es wäre auch nicht besser als Tiere wahrlos zurückzulassen und dass er lieber sterben solle. Sie würde das Vertrauen in den Tierschutz verlieren.

Ein Tier auszusetzen ist nicht erlaubt und eine Straftat! Wir bringen das Tier, in diesem Fall Sir Henry, nach der nötigen tierärztlichen Behandlung zurück an seinen Futterplatz. Für uns steht nicht die Vermittlung von diesen Katzen im Vordergrund, sondern die Kastration. Kastration ist Tierschutz.

Ihre Enttäuschung können wir gut nachvollziehen, nicht aber diese Vorwürfe. Auch wir wünschen uns für jede Hauskatze einen Sofaplatz, Liebe und genug Futter. Aber für das Elend der Straßenkatzen sind wir nicht verantwortlich und der Aufgabe sie alle zu retten, sind wir nicht gewachsen.

argwöhnisch werden wir betrachtetZurück zu Sir Henry:
Am 04.08.14 war sein großer Tag und für uns ein teurer (239,13 Euro). Henry wurde kastriert, tätowiert, entwurmt, entfloht und seine restlichen, wenigen Zähne wurden gezogen.
Im Maul hat er Wucherungen und Entzündungen, dazu wässrigen Durchfall. Die Bissverletzung ist halb so schlimm. Untermieter hat er auch - Haarlinge und Flöhe. Zudem fehlt Fell an seinen Beinchen. Deshalb wird eine Kultur angelegt, um festzustellen, ob es sich um Pilz handelt. (Leider hat sich dies dann später bestätigt)

Aufgrund des Zustands und seines Alters haben wir eine Blutuntersuchung machen lassen. Seine Entzündungswerte sind erhöht, aber ansonsten ist alles im normalen Bereich. Die Nierenwerte sind in Ordnung.  Der FIV und FeLV Schnelltest war negativ, ebenso wurde der Kot unter dem Mikroskop untersucht, jedoch nichts gefunden. Auch ein Parvo-Schnelltest erwies sich als negativ.

Nun sitzt Henry wieder in Quarantäne und bekommt noch ein paar Tage sein Antibiotikum, bevor er zurück zu seinem Futterplatz kommt. Ihm geht es sichtlich besser und er blinzelt mich zumindest auch schon mal an. ♥

Am 10.08.14 durfte ich Henry einmal kurz am Köpfchen streicheln. Bestochen mit Leberwurst ließ er es ohne Fauchen und Knurren geschehen ♥

Update:
Sir Henrys Fell sieht schon viel besser. Nun war letzte Woche die letzte Gabe von Itrafungol, denn die Pilzkultur war positiv. Bevor wir jedoch nun allzu euphorisch sind, wird erst mal eine neue Kultur angelegt und auf das Ergebnis gewarten.