Am 20.07.2016 ging das erste Mal Sir Henry's Schwanz vor Freude hoch als er vorsichtig am Ansatz gekrault wurde. Eigentlich nicht verwunderlich, war es doch typisch für ihn, dass er im eigenen Tempo immer wieder und erwartet einen Riesenschritt nach vorne machte...
Am 16..08.2016 wurde er eingeschläfert.
Ursprünglich kam der gestandene Seniorkater mit dem Lammblick Ende 2014 aufgrund von schweren Wunden und Wegfall der Futterstelle in die Obhut des Vereins. Eine Weile wurde er nach der Behandlung in der hergerichteten Gartenhütte einer Pflegestelle untergebracht, aber auf Dauer war das für ihn keine Lösung, denn Sir Henry war stockscheu. Glücklicherweise konnte er im Januar 2015 dann auf eine neue, noch unerprobte Pflegestelle ziehen die eigentlich nicht so ganz auf jemanden wie ihn vorbereitet war, aber es dennoch versuchen wollte. Sie hatte keine eigenen Tiere, also würde der Herr ganz in Ruhe die komplette - wenn auch kleine - Wohnung für sich haben.
Etwas struppig und stur wie ein Esel blieb er dann erst einmal für eine Weile in der großen Samlabox die ihm auch als Katzenklo diente. Nach einigen Tagen jedoch fing er bereits an sich Nachts zu bewegen, verlegte sein Versteck unter einen Tisch und demonstrierte mit leichter Unsauberkeit, dass er doch bitte einen Hocker vor dem Klo bräuchte um hineinzusteigen. (Während dessen lief natürlich schon das übliche Zähmungsprogramm mit vorlesen usw.) Dies war allerdings das geringste seiner Probleme, sah die Pflegestelle eines Tages den Kater einmal von der Seite und da waren große kahle Stellen... Gleichzeitig zog er sich wieder etwas mehr zurück, auch wenn er zu dem Zeitpunkt frei in der Wohnung unterwegs war solange seine Pflegetante entweder am Schreibtisch saß oder im Bett lag. Da sein Kot noch dazu recht schwankend war wurde nach etwas diagnostischem hin und her Cortison verschrieben und eine langwierige Ausschlussdiät begonnen. Beides half ihm sehr gut. Bald schon quietschte Sir Henry und kam seiner Pflegetante entgegen wenn es Futter gab und dank diversen Mitpflegis (die aber eher vermittelt wurden als er) stellte sich heraus, dass der noble Herr sehr sozial aber leicht einzuschüchtern war. Er suchte die Nähe andere Katzen sehr, besonders Kätzinnen. Normale Dinge wie Boxentraining und Medikamente via Rohfleisch waren da überhaupt kein Problem mehr - manches mal fraß er sogar aus der Hand, in der Wohnung war er komplett entspannt... sogar wenn man an ihm vorbeilaufen musste.
Am 12.07.2015, also gute 7 Monate später, wurde Sir Henry - so unsere Hoffnung - glücklich vermittelt. Junge Erwachsene die ihn nicht bedrängen würde, alleinstehend, bereits vorhandener älterer Kater der nicht groß spielen will (Sir Henry hatte noch immer Angst vor von Menschen gehaltenen Spielsachen, warf aber gerne 'seine' Maus einmal täglich durch die Luft) aber durchaus Nähe schätzt. Alles klang gut. Leider gab es von Anfang an nur Probleme, unter anderem schienen sich die Kater mehr zu tolerieren denn Sir Henry suchte mehr Nähe als dem Altkater angenehm war. Im Januar 2016 erfuhren wir sogar, dass Sir Henry seine Medikamente nur sporadisch und dafür in der Höchstdosis (fatal bei Cortison) bekäme sondern laut Fotos auch wieder kahle Stellen hatte.
Zudem sei Henry weiterhin extrem scheu, fauchte immerzu seine Dosine an und fraß dort nicht aus der Hand. Natürlich gab es Ursachenforschung von uns, aber zum Tierarzt schaffte es seine Adoptantin nicht mit ihm.
Am 13.03.2016 kam Sir Henry endlich nach viel erfolgloser Beratung und Leid zu seiner Pflegestelle zurück. Am hinterem Rücken war sein Fell verfilzt, die Haut gereizt. Das war schon länger so, der Adoptantin leider nicht aufgefallen bzw. sie meinte, er sei nur struppig. Direkt am nächsten Tag ging es also zum Tierarzt, einmal Verfilzung rausschneiden und Komplettuntersuchung. Diagnose: massive Spondylose - also Verhärtung der Wirbelsäule - vom Schwanzansatz bis vor zum Brustkorb, dazu noch eine dicke Zahnfleischentzündung. Sir Henry hatte also wirklich schon sehr lange starke Schmerzen leiden müssen, besonders in den letzten Monaten. Dementsprechend hatte er sich nicht mehr richtig putzen können und wurde scheuer. Mit etwas interner Beratung entschieden wir uns für die gleichzeitige Gabe von Cortison und Metacam (sowie Magenschutz), auch wenn dies seine Organe belasten würde so sollte Sir Henry zumindest noch eine schmerzfreie Zeit haben. Zudem war sein Blutbild ansonsten top, also erst einmal nichts zu befürchten.
Er wurde wieder zu seinem alten Selbst, blühte geradezu auf und hatte auch wieder Katzengesellschaft. An seine Pflegetante ging er nun auch ganz nahe ran, war immer mit hoch erhobenem Plüschschwanz an ihrer Seite wenn es Richtung Küche ging, fraß erneut aus der Hand und zeigte im Grunde keine Scheu mehr... Nur anfassen und Spielzeuge wie zb. Angeln, das verbot er weiterhin streng. Alles was von vorne kam oder von Menschen geschwungen wird könnte ja böse sein. Damit Sir Henry's Medikamente nicht weggefuttert wurden gabs es hochmoderne chipgesteuerte Futterautomaten - auch an die gewöhnte er sich recht schnell. Dann verlor Sir Henry im Juli aber an Appetit. Die Pflegestelle schob es auf die ja nun doch recht einseitige Ernährung nur mit Huhn- & Pferdenassfutter und mit Hilfe von großzügigen direkten Spenden wurde supplementierte Rohfleischfütterung für den noblen Herrn, was er am 10.08. gierig und dankbar annahm... so gut hatte er schon lange nicht mehr gefressen, es war eine Wonne ihm zuzusehen und trieb der Pflegetante die Tränen in den Augen. Einer der vielen Glücksmomente mit ihm, so dachten wir.
Doch abends am 13.08. streikte Henry. Reconvales pur nahm er ein wenig an, kam aber nicht mehr mit in die Küche, fiepte seine Pflegetante nicht mehr an, zog sich zurück. Alle Alarmglocken gingen los. Der Tierarztbesuch brachte die Fakten, durch die vielen starken Medikamente war Henry's Leber massiv am abstürzen. Es gab die Möglichkeit, sein Leben etwas zu verlängern. Mit
täglichen Infusionen (weiterhin trotz Fortschritten bei der Pflegetante nicht machbar, bei der TÄ jeweils mit Sedierung) für mindestens eine Woche sowie absetzen von Medikamenten bzw. suchen nach Ersatz dieser damit sich die Leber erholen kann. Eine Tortur für Sir Henry, was Reisestress, Sedierungsrisiko gerade in seinem Alter und Schmerzen anging. Gerade letzteres war für die Pflegestelle nicht vertretbar; zumal bereits vor Metacam Alternativen ausprobiert worden waren und die ihm nicht zu helfen schienen. Für nur ein wenig mehr Zeit stand dies in keiner Relation.
Und so wurde der noble Sir Henry mit dem Lammblick am 16.08.2016 eingeschläfert. Er liegt nun in Uelzen mit seiner Lieblingsmaus begraben.