Täglich erreichen uns viele Anrufe bei der Katzen-Hilfe Uelzen. Einige davon führen zu Rettungsaktionen und oft berühren diese Geschichten uns sehr. Die Geschichte von Selma ist so eine, die uns sicher noch lange im Herzen begleiten wird.
„Meine Katze hat Kitten bekommen, eines ist schon tot und sie kümmert sich gar nicht um die Kleinen, könnt Ihr die abholen?“ So ging alles los, mit diesem Anruf bei einem unserer ehrenamtlichen Helfer startete dieses kleine Drama.
Unsere Helferin versuchte zu beraten warum die Mutter sich eventuell nicht kümmert, aber es war wenig Interesse da. Ist die Mutter krank, hat sie eventuell noch Kitten im Bauch, hat sie nicht genug Ruhe…. es gibt so viele Gründe, aber am Telefon kann keine Diagnose gestellt werden. Ein Ortstermin sollte Klarheit schaffen.
Vor Ort waren die Zustände bescheiden für eine junge Katzenmutter. Im unteren, kalten Stockwerk eines alten Kratzbaumes hatte Selma, selber gerade mal knapp ein Jahr alt, ihre Kitten notdürftig abgelegt. Es war ein lautes, zugiges Durchgangszimmer in einem Haus mit anderen Katzen, Kitten und auch kleinen Menschenkindern die neugierig waren, streicheln und schauen wollten.
Selma war zwar bei den Kitten aber offensichtlich sehr überfordert – sie ist ja selber noch ein kleines Katzen-Mädchen. In ihren Zitzen war tatsächlich keine Milch.
Unsere Mitarbeiterin versuchte weiterhin zu beraten, aber die Menschenfamilie schien zu überfordert mit sich selber als das für Selma jetzt Zeit oder Geld verfügbar war. Kurzentschlossen packte unsere Helferin nicht nur die beiden lebenden Kitten ein, sondern auch die junge Mama Selma.
So ist das oft im Tierschutz – es muss SOFORT eine Entscheidung her auch wenn noch unklar war wie genau es weitergehen soll und kann. Selma musste dort auf jeden Fall weg und das ohne Verzögerung.
Ein wunderbarer Fakt im Tierschutz ist aber auch dass es viele Unterstützer gibt die helfen mit Geld und Gut, so auch in diesem Fall. Ein guter Freund des Vereins erklärte sich bereit für Selmas Erstversorgung zu spenden. DANKE an alle Unterstützer da draußen an dieser Stelle.
Selma war in Sicherheit, aber es ging ihr nicht gut. Sie wog selber gerade mal 2,3kg und war schwach. Sie kümmerte sich liebevoll aber sehr unbeholfen um ihre beiden schreienden Babies. Auch diese wogen viel zu wenig mit 71+73g. Alle 2 Stunden wurden die beiden Kleinen nun mit Flasche gefüttert – dann wieder zu Mama Selma in die kuschelige Wurfbox gelegt.
In der Nacht dann der Schock. Selma warf - fast 24 Stunden nach den ersten Kitten - noch 2 Totgeburten - glücklicherweise die letzten ihres Lebens, denn ein Eilbesuch beim TA bestätigte das kein Kitten mehr feststeckte und Selma sich erholen würde. Auch bekam sie etwas um den Milchfluss vielleicht doch noch anzukurbeln. Jetzt war Daumen drücken angesagt und vor allem füttern, füttern, füttern alle 2 Stunden - Tag und Nacht. Die kleinen Kitten nahmen stetig zu, die Arbeit lohnte sich.
Selma wurde in ihrem neuen vorübergehenden Heim ruhiger und fing an sich um die Kitten zu kümmern. Sie putzte und wärmte sie immer inniger. Sie ließ sie auch an den Zitzen nuckeln – es kam nur leider keine Milch.
Während die Kitten Milch bekamen durfte Selma so viel fressen wie sie wollte. Es ist erstaunlich was in so eine kleine Katzendame alles reingeht. Sie fraß viel und mit Genuss.
Zwischenzeitlich wurde klar dass Selmas alte Familie weder die Kosten für die Behandlungen tragen kann, noch dass Selma dorthin wieder zurück gehen muss. Ein Abgabevertrag wurde fertig gemacht um zu besiegeln, dass Selma nun in eine sichere Zukunft schauen kann. Sie wird vorerst durch die Katzen-Hilfe Uelzen versorgt und wenn ihre Kinder groß sind auch in ein gutes, artgerechtes Heim vermittelt wo ihre grenzenlose Liebe auch erwidert wird.
Es war an Tag 5 als die Pflegemutti mit der Flasche sich wunderte, wo beim wiegen zwischen den Mahlzeiten die Extra Gramm herkamen... seltsam. Eben nach dem Füttern 107g und jetzt vor der nächsten Fütterung auf einmal 109g… das konnte nur eines bedeuten: Selma hatte endlich Milch! HURRAAA
Und tatsächlich, die kleine Mutti war mit ihren Aufgaben gewachsen und hatte angefangen ihre beiden Babies selber zu versorgen. Ihr Körper hatte aufgeholt und konnte nun die nötige Milchmenge selber produzieren.
Ende gut, alles gut?
Am 20.08. ging es auf große Reise in eine andere Pflegestelle die sich ganztags um "Familie Winzig" kümmern und zudem auch mit einer Webcam die Kleinen beobachten konnte. Sofort lebte sich die junge Mutter dort ein und saugte erneut jedes bisschen Zuwendung und Futter in sich hinein... Dabei sein und Bauch kraulen half auch beim liegen bleiben und die Kleinen versorgen.
Am 21.08. abends sowie am nächsten Morgen bemerkte die Pflegemama Scheidenausfluss bei Selma - zwar fraß sie weiterhin gut und wirkte aktiv, dennoch ging es am 22. zur Tierärztin die 39,6 Fieber und eine Gebährmutterentzündung diagnostizierte - wir hofften auf einen leichten Infekt der mit Onsior sowie Amoxicillin behandelt werden konnte. Am selbigen Tag nahm das getigerte Kitten deutlich ab und das schwarze stagnierte. Über Nacht fütterte unsere PS dann fast jede Stunde zu, aber auch das schien nichts zu bringen - zumal die Kleinen die Flasche nicht richtig annahmen, waren sie ja noch Mutters Zitzen gewohnt. Nachts ging es dann zum Notdienst, die Gesäugeentzündung bei Mama Selma sowie Dehydrierung bei den Kleinen diagnostizierte... An einen Infekt bei den Kitten glaubte sie nicht. Es sollte das Gesäuge gekühlt und weiter zugefüttert werden, außerdem bekamen die Kitten eine Infusion mit Glucose und Vitaminen.
Nach einem kurzen Bergauf dank der Infusionen ging es wieder bergab. Noch dazu waren Tigerchens Augen plötzlich verklebt und bei vorsichtigem säubern und öffnen mit warmem Wasser kam
Eiterflüssigkeit heraus. Die Nickhäute standen deutlich hervor. Ein Infekt. Am 23. ging es also erneut zur Tierärztin, die wiederum überhaupt nichts am Gesäuge der Mutter zu beanstanden hatte aber dafür meinte der Infekt wäre wegen Stress und dem vielen hin und her. Hoffnung war nun, dass das AB welches Selma bekam auch den Kitten über die Milch zugute kommen würde.
Bei dem schwarzen Kitten schien das auch ganz gut zu klappen (sie überholte Gewichtsmäßig ihre Schwester in der Zeit), aber Tigerchen hatte immer wieder die Augen komplett zu und aufgestauten Eiter.
Weiterhin wurde gesäubert und zugefüttert, mit den Gewichten war es ein schwanken von Abnahme zu Stagnation zu leichter Zunahme am 25.08. wo es dann wirklich besser zu werden schien.
Dann allerdings wurden Tigers Augen wieder schnell schlechter und wir bestanden bei der TÄ auf ein AB für die Kleinen - nach ein wenig hin und her bekamen wir Ampitab wovon sie einen
Tropfen pro Tag bekommen sollte. Hätten wir mal direkt am ersten Tag beim Notdienst darauf bestanden! Nun endlich finden beide Kitten an sich zu erholen, wurden aber weiterhin mit Reconvales und KMR zugefüttert... zwischendurch nicht mehr so oft und viel, aber dann machte uns Jungmutter Selma noch einmal einen Strich durch die Rechnung und fing bereits früh an von den Kleinen genervt zu werden. Als die Kitten mit grob 8 Wochen endlich eigenständig fraßen (natürlich erst als Barf angeboten wurde!) waren wir alle erleichtert.
Natürlich bekamen sie dann später noch Flöhe und ausnahmslos jede Kastration der Familie endete mit Komplikationen -.-
Aber nun sind sie alle gesund und zumindest die Kleinen haben bereits ihr hoffentlich-für-immer-Zuhause.